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Ernst Jünger:
Ich habe viele Erfahrungen gemacht
in diesem Jahrhundert:
derartig widerspruchsvolle Erfahrungen,
daß ich immer wieder veranlaßt wurde,
meine Meinung zu ändern.


Die GPP lädt ein zum philosophisch-literarischen Seminar

Ernst Jünger - der Biograph eines ganzen Jahrhunderts




Von Palmsonntag, den 1. April, bis Karfreitag, den 6. April 2012



Im ehemaligen Zisterzienserinnen-Kloster Heiligkreuztal




  • mit dem Besuch seines Wohnhauses in Wilflingen

  • einer Führung durch’s Stauffenberger Schloß vis-à-vis

  • und der berühmten Rokoko-Kirche "Zwiefalten"


Dozent: Dr. Gerd B. Achenbach


Programm
Ausflüge
Technisches und Kosten
Anmeldung



Inhalte



„Ernst Jünger war das menschgewordene zwanzigste Jahrhundert.”
(Paul Virilio)

Ernst Jünger? Als einmal - es blieb das einzige Mal, eine verschämte Ausnahme mithin - die Frankfurter Rundschau eine Jünger würdigende Rede abdruckte, gehalten in Amriswil im Schweizer Kanton Thurgau von Alfred Andersch, wagte man’s nicht ohne vorausgeschickte Rechtfertigung. Die begann wie folgt: „Eine Rede auf Ernst Jünger, die keine »Schmährede« ist ‒ eine solche Rede in der FR? Das will erklärt sein.” Man hat’s erklärt, notdürftig. Das war 1973.

Und als Jünger 1998 im 103. Lebensjahr starb - mancher seiner „Kritiker”, so nannten sie sich gewöhnlich, wird mit kaum verholen klammheimlicher Freude „endlich” dazu genickt haben - konstatierte Durs Grünbein:
Über Ernst Jünger zu sprechen ist so gefährlich wie für den Laien die Gelegenheitsarbeit im Reptilienhaus: jedes Wort ein Griff zwischen Schlangen, und das letzte kann leicht der Skorpionstich sein.

Ich selbst halte mich eher noch an das Urteil, das Botho Strauß gewagt hat:
Die Epoche der deutschen Nachkriegsliteratur wird erst vorüber sein, wenn allgemein offenbar wird, daß sie vierzig Jahre lang vom Jüngerschen Werk überragt wird. Er ist nach dem Krieg der Vergegenwärtiger, der Gegenwartsautor schlechthin gewesen.

Und doch ist Jünger mehr gewesen. Nicht „Schriftsteller” nur, sondern Philosoph - was zu erkennen und anzuerkennen freilich ein Verständnis von Philosophie voraussetzt, das philosophisches Nachdenken nicht verwechselt mit seminaristischer Bearbeitung philosophischer Traditionsbestände oder analytischen Argumentationsaufwand. Vielmehr ist Jünger Philosoph im Sinne Philosophischer Praxis: Der Alltag, vermeintlich Nebensächliches, Details, die gewöhnlich der Aufmerksamkeit entgehen und darum unbedacht bleiben, regten ihn zu gedanklichen Exkursionen an, die nicht selten vom scheinbar Trivialen ins unwegsame Dunkel des Geheimnisvollen führen. Davon zeugen seine Tagebücher nicht nur, sondern ebenso die „Capriccios” aus „Das abenteuerliche Herz” und seine zahlreichen Essays, von denen eine Auswahl uns beschäftigen wird.

Um’s gleich zu sagen: Nicht seine Romane werden Thema sein - weder das „Tagebuch eines Stoßtruppführers: In Stahlgewittern”, der Welterfolg, der 2008 in 46. Auflage erschien, noch der so sonderbar utopische Roman „Auf den Marmorklippen”, der 1939 erschien und von hellhörigen Lesern sofort als Allegorie auf die Hitlerei verstanden wurde.

Es wird allerdings im Blick auf das außerordentliche Leben Ernst Jüngers, dessen Tapferkeit noch vom Kaiser selbst mit dem höchsten Orden „Pour le Mérite” ausgezeichnet wurde - später ehrte ihn die Stadt Verdun mit der „Médaille de la Paix” (der Friedensmedaille also) -, erforderlich sein, einige der schändlichsten Verunglimpfungen des Autors zu korrigieren und zurechtzurücken. Ich wüßte tatsächlich keinen Zweiten, dessen Einschätzung in Form derart extremer Urteile auseinander ging. Nennen ihn die einen respektvoll den „Anarch des Jahrhunderts” oder den „letzten Ritter”, ereiferte sich Raddatz über seine „Herrenreiterprosa” und warnte man vor dem „Ästheten des Schreckens”. Mit Gift und Häme ist sein Stil als „preziös und prätentiös” verunglimpft worden, wurde ihm die „elitäre Attitüde” vorgeworfen oder sagte man ihm „obskurantische Gebärden” nach. Wurde auf ihn angelegt, kam schweres Geschütz zum Einsatz: „Ästhetischer Immoralismus,” „heroischer Nihilismus”, „revolutionärer Nationalismus”, in diesem Stil feuerte man Begriffsmunition ab. Kurz und gut: Wer sich beauftragt dünkte, auf Ernst Jünger einzuschlagen, verlor nicht selten die Kontrolle.

Wir allerdings werden ihn lesen und ihn (was er von einem andern sagte) als „Augenöffner” würdigen, uns bezaubern lassen von der „Magie seiner Heiterkeit”. Und manches werden wir aufsammeln, was er so beispielhaft beiläufig hinwarf. Als Ulrich Raulff den Hundertjährigen einmal fragte, ob seine Gespräche mit François Mitterand „auch eine philosophische Note” gehabt hätten, soll ihm Jünger geantwortet haben:
„Ja, es ging ja auch um Dinge wie das Älterwerden und die Krankheit.”

Einige Zitate von Ernst Jünger:

Nach dem Erbeben schlägt man auf die Seismographen ein. Man kann jedoch die Barometer nicht für die Taifune büßen lassen, falls man nicht zu den Primitiven zählen will.
(Dies ist meinem Eindruck nach das meistzitierte Wort Ernst Jüngers - was hingegen so gut wie nie hinzugesetzt wird: Es wurde, im Vorwort zu den „Strahlungen”, von ihm auf Nietzsche bezogen, „den zu steinigen heute zum guten Ton gehört”.

Ebenfalls dort zu lesen ist:

Es gibt Werke, für die wir erst heute als Leser reif geworden sind. Sie gleichen Transparenten, deren Inschrift der Schein der Feuerwelt enthüllt.

Diese Sentenz läßt sich nun in der Tat auf das Werk Ernst Jüngers beziehen ...

Aphoristisches:

Die Blindheit wächst mit der Aufklärung: der Mensch bewegt sich in einem Irrgarten von Licht. Er kennt die Macht der Finsternis nicht mehr.

In den verfallenen Altären nisten sich Dämonen ein.


Literaturangaben



Hier einige der Werke, die im Verlauf der Tage zur Sprache kommen werden:
„Strahlungen” (die Tagebücher des Krieges 39-45)
„Siebzig verweht” (die Tagebücher 1965-1996)
Essays u. Abhandlungen: „Der Friede”, „Philemon und Baucis”, „Zahlen und Götter”, „Gestaltwandel”
Capriccios aus „Das abenteuerliche Herz” („Der stereoskopische Genuß”, „Mut und Übermut” u.a.), Sgraffiti („Das Wunderbare und das Merkwürdige”, „Geld und Macht” u.a.)
Literatur: „Magie der Heiterkeit” (hg. v. G.Figal und Heimo Schwilk); „Über Ernst Jünger” (hg. v. H. Arbogast); Heimo Schwilk, „Ernst Jünger. Ein Jahrhundertleben”; Helmuth Kiesel, „Ernst Jünger. Die Biographie”; Joachim Fest, „Chronist des Übergangs: Ernst Jünger”, in: drs., „Flüchtige Größe”.





Was wir - vom Seminar abgesehen - unternehmen



An einem Tag besuchen wir natürlich Wilflingen, über einen Wanderweg (durch anmutige Landschaft) von Heiligkreuztal aus nach 4,5 km erreichbar, die andern fahren bequem im PKW. Dort werden wir dann kompetent durch das ehemalige fürstliche Forsthaus geführt, das Jünger in den letzten Jahrzehnten seines Lebens bewohnte und das sich seit kurzem eben so präsentiert, wie es Jünger verließ, als er, im 103. Lebensjahr, dem Tod erlag.
Hier ist die Internet-Adresse des vorzüglich ausgestatteten Ernst-Jünger-Hauses , das - mit großer Resonanz der internationalen Presse  - erst kürzlich als Museum für Besucher zugänglich wurde.

Im Anschluß daran wird uns im Schloß vis-à-vis dessen Hausherr, Franz Schenk von Stauffenberg, empfangen, der Enkel jenes Barons, bei dem Jünger 1951 Asyl fand. Siehe dazu die sehr schöne Internet-Seite des Schlosses !

Außerdem werden wir die wenigen Meter hinauf zum Friedhof gehen, zum Grab Ernst Jüngers.
Nach alledem: Einkehr in sein Stammlokal, in das „Gasthof zum Löwen”  in Wilflingen.

An einem andern Tag werden wir nachmittags einen Ausflug zum nahegelegenen „Münster Zwiefalten” unternehmen, der womöglich bedeutendsten Rokoko-Kirche überhaupt, deren Pracht und motivische Fülle den Besucher überwältigt.
Siehe dazu den Wikipedia-Artikel hier .





Technisches und zu den Kosten



Wo wir tagen:

Hier die Homepage  unserer reiz- und stilvollen historischen Tagungsstätte, von der aus sich auf einem nur 4 km langem Wanderweg durch Felder und Wälder zu Ernst Jüngers Forsthaus in Wilflingen gelangen läßt. Einen Wikipedia-Artikel zur Historie (und Gegenwart) des Klosters gibt es auch, und zwar hier .

Adresse:
Kloster Heiligkreuztal
Am Münster 7
88499 Altheim-Heiligkreuztal

Telefon 07371 931 230
Telefax 07371 931 2353

Email:Heiligkreuztal@tagungshaus.net
Internet: www.kloster-heiligkreuztal.de 

Anreise:

Palm-Sonntag, 1. April 2012, 17:30 Uhr

Beginn der Veranstaltung:

18:00 Uhr mit dem gemeinsamem Abendessen,
20:00 Uhr Gemütliche Runde zum Kennenlernen sowie Lesung ausgewählter Lesestücke zur Einstimmung.

Abreise:

Am Karfreitag, den 6. April, nach einem abschließenden gemeinsamen Mittagessen im Kloster Heiligkreuztal.

Die Kosten für Unterbringung und Verpflegung im ehemaligen Kloster Heiligkreuztal:

Es werden fällig für fünf Übernachtungen, viermal Voll-, einmal Halbpension, Frühstück, Kaffee/Tee in den Pausen sowie Getränken während des Seminars, also vom Abendessen am Sonntag bis zum Mittagessen am Freitag:
327,50 € für Einzelpersonen im Einzelzimmer,
277,50 € für Paare im Doppelzimmer pro Person.

Seminargebühr:

Die Seminargebühr, die an die GPP e.V., Gesellschaft für Philosophische Praxis, zu überweisen ist, beträgt
260,00 € (150 € für Studenten oder Bedürftige)
und ist vor Seminarbeginn anzuweisen beziehungsweise bar zu zahlen.

Führungen:

Dazu kommen 2 X 4 € für die Führungen.



Anmeldung



Ein Anmeldeformular finden Sie hier .
Die Reservierung der Zimmer übernimmt die GPP.


 




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